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29.06.2008 , WELT am SONNTAG / welt.de

Kochen, wenn die Küche schwankt

Steffi Metz schafft es, ein dreigängiges Menü in der Pantry eines Segelschiffs anzurichten. Sie lässt sogar ihre zahlenden Gäste dabei mitarbeiten. Trotz der Enge behält die Köchin gute Laune, will die nächste Koch-Yacht aber umbauen

Fahrtensegeln und Haute Cuisine passen nicht unbedingt gut zusammen: Unter Deck ist es eng, man stößt sich ständig den Kopf an, hat zu wenig Platz für Töpfe und Zutaten, und schlimmstenfalls will am Ende niemand das Meisterwerk würdigen, weil alle unter Seekrankheit leiden. Bei schlechtem Wetter bleibt die Küche sowieso kalt.

Kochen an Bord, das ist die Kunst der Kompromisse. Doch für manche scheinen diese Probleme gerade die eigentliche Attraktion auszumachen: Die Profiköchin Steffi Metz fängt jetzt damit an, Koch-Events an Bord einer Segelyacht zu veranstalten.

"Wir kochen für Sie an jedem Ort der Welt", steht auf Metz' Internetseite. Und das ist nicht zu viel versprochen: Die junge Hamburgerin hat wie wenige andere das Zubereiten von Speisen zum Event gemacht. Event heißt übersetzt Ereignis und setzt das Erlebnis noch über das Ergebnis. Eine wesentliche Rolle spielt dabei der Ort der Veranstaltung, auf Neudeutsch Location genannt - je exotischer, desto besser. Steffi Metz, deren Firma seit sechs Jahren erfolgreich Unterhaltung am Herd verkauft, würde sicher gut auch auf dem Rücken eines Elefanten kochen.

Solange das nicht geht, nimmt sie eben eine Yacht, die derzeit in Lauterbach auf Rügen liegt, von Bavaria kommt und etwa 15 Meter misst. Das Boot schaukelt genauso wie der Dickhäuter und genießt in manchen Kreisen anscheinend vergleichbare Exklusivität. Seglerkreise sind das vermutlich nicht: Wer schon einmal unter Deck eines Bootes, im Halbdunkel gegen Wellengang und Übelkeit ankämpfend, um das Gelingen so raffinierter Kompositionen wie Ravioli aus der Dose rang, wird den Gourmetfaktor an Bord für entbehrlich erklären. Übelkeit und Schräglage sind dann das eigentliche "Event".

Dem wich das Management aus: Man entschied spontan, nur im Hafen zu kochen. Das war spannend genug - bereits das Balancieren von Kisten voller Lebensmittel über den gähnenden Spalt zwischen Bootssteg und Yacht ist ja eine Art Erlebnis, wenn man das noch nie zuvor gemacht hat. Und so konnte die rothaarige Köchin nach dem ersten Testkochen im Hafen von Lauterbach auf Rügen auf viele ganz neue Erfahrungen zurückblicken. "Das dauernde Treppensteigen strengt schon an", sagte sie, als der erste Gang - Wildkräutersalat mit einem Apfeldressing auf Selleriepiccata und Möhrenspagetti - Teller für Teller aus der Kajüte an Deck zum Verzehr gehievt worden war. Gesegelt ist Steffi Metz vorher übrigens noch nie.

Auch das bescheidene Platzangebot ist für sie gewöhnungsbedürftig: "Es ist schon eng hier", lautete der Kommentar. Kunststück: Zöge man zwischen Pantry und Salon eine Wand, blieben ein, vielleicht zwei Quadratmeter Fläche zum Stehen übrig. Doch es sei ja im Prinzip alles da in der Bordküche, und den guten Koch zeichne auch Improvisationstalent aus. Nach der Zubereitung des Hauptgerichts - Lachs mit geschmolzenen Tomaten, Fenchelgemüse und Nudelnestern, verziert mit einem Parmesancracker - wurde es der fröhlichen Eventköchin allerdings zu viel: "Ich muss jetzt mal an die frische Luft", erklärte die 31-Jährige entschieden.

Denn obwohl die Bavaria-Yacht noch fest angeleint im Hafen lag, wurde es Steffi Metz unter Deck bereits ein wenig schummrig. Keine Überraschung: Am Steuer wird man selten seekrank, in der Kombüse schon eher. Sicher ein Grund, warum sich Segler generell nicht um das Kochen reißen.

Aber Steffi Metz' Zielgruppe sind die ohnehin nicht - ihr geht es um Firmenevents für Manager. Immerhin 1000 Euro pro Person kostet ein solcher Kochtag - allerdings mit Zutaten. Die kauft Steffi mit den Gästen bevorzugt in der Nachbarschaft ein: Frischfisch gibt es im Lauterbacher Stadthafen. So viel Bezug zum maritimen Umfeld muss es dann schon sein.

Aber auch segeln sollen die Gäste - vor oder nach dem Essen wird deshalb ein Profiskipper das Boot aus der Box steuern und einen Törn entlang der romantischen Boddenküste Südrügens unternehmen. So kommt der richtige Appetit für den nächsten Gang von ganz allein. Bis zu acht Personen könnten an einem solchen Kochtörn teilnehmen, schätzt Steffi Metz.

Doch das ist erst der Anfang: "Hier gehört eigentlich eine Bulthaupt-Küche eingebaut", sagt sie. Die Hamburgerin denkt nämlich schon einen Schritt weiter: Noch in diesem Jahr wird sie sich eine Yacht mit modifiziertem Interieur bauen lassen, die ihren festen Liegeplatz in Lauterbach haben soll. Dort kann das Menü dann an einer sogenannten Kochinsel - das ist ein zentraler Herd, der von allen Seiten einsehbar und nutzbar ist - mit doppelt so vielen Teilnehmern zelebriert werden. Die Kojen würden dieser Riesenpantry dann allerdings geopfert, und die Gäste schlafen ebenfalls an Land.

So exotisch die Idee klingt, dem Trend zu mehr Komfort und Luxus an Bord kommt sie entgegen. Möglich ist, dass dieses Eventschiff sogar Einfluss auf den Yachtbau hat. Zielgruppe wären dann Segler, die an Bord einmal etwas anderes essen wollen als Ravioli. Doch wenn sie noch bei Steffi Metz mitkochen wollen, sollten sie schnell entscheiden: Trends kommen und gehen - und vielleicht sind die Rücken von Elefanten bald noch attraktiver.

 


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Steffi Metz, Gründerin & Köchin Steffi Metz, Gründerin & Köchin